Erfahrungsbericht Leon

Name: Leon
Universität
: Humboldt-Universität zu Berlin
Kampagne: I/2017
Lernweise: zunächst Lerngruppe, dann alleine
Vorbereitungszeit: anderthalb Jahre

Der Entschluss für die Examensvorbereitung kein kommerzielles Repetitorium zu buchen, war für mich schnell und auch frühzeitig gefasst. Der Wille und auch das Unvermögen, so viel Geld für meine Vorbereitung auszugeben traf dabei auf den positiven Erfahrungsbericht einer Freundin, die ihr Examen zu dieser Zeit bereits ohne Kommerz meisterte.

Zunächst lernte ich in einer Gruppe mit drei anderen, die ich aber nach wenigen Monaten verließ, um mich im weiteren alleine vorzubereiten. Diese Variante entsprach am ehesten meinem etwas eigensinnigen Typ, zumal ich mir so immer dann Auszeiten gewährleisten konnte, wenn ich sie gerade am dringensten brauchte. Trotzdem orientierte ich mich an einem bereits von Vorgänger_innen ausgearbeiteten Lernplan, was mir ausreichend Struktur und Überblick gab. Da ich kein auditiver Lerntyp bin, sondern mir die Sachen am besten merke, indem ich sie einmal selbst durcharbeite und mir eigene Karteikarten schreibe, habe ich das universitäre Rep nicht besucht. Insbesondere im Verwaltungsrecht aber konnte ich von den dort ausgeteilten Übersichten zu Prüfungsschemata profitieren.

Als Lernort habe ich tatsächlich die juristische Zweigbibliothek für mich entdeckt. Während meines Grund- und Hauptstudiums habe ich nie wirklich konitinuierlich das ganze Semester über gelernt, weswegen ich die Bibliothek nur selten frequentierte, sondern das meiste zu Hause erledigte. Im Repetitorium ging mir aber auf, wie wichtig es für mich ist, dieses Lernen, was schließlich einer Festanstellung gleichkommt und mein privates Wohnen zu trennen. Außerdem halfen mir die kleinen Routinen des Bibliotheksalltags (Spaziergänge zum Wasserholen, das wissende Einanderzunicken zwischen den Examis, das Hoffen darauf, dass der Lieblingsplatz um elf Uhr noch frei sei) immer wieder auf die Beine.

Zwei befreundete Kommilitoninnen, die ebenfalls gerade in der Vorbereitung steckten, und ich trafen uns regelmäßig, um über unsere Erfahrungen, Leiden und Freuden zu sprechen und einander die Rücken zu stärken.

Die anderthalb Jahre meiner Vorbereitung waren ein stetiger Prozess. Eine anfängliche Euphorie wich alsbald den Mühen der Ebene, die in ihrer Stetigkeit für mich aber auch etwas Befriedigendes hatten. Neben meiner Vorbereitung auf das Examen arbeitete fast durchgehend und hatte zeitweilig auch noch ein Ehrenamt übernommen. Die Arbeit bedeutete für mich Unabhängigkeit und Erfüllung auf einem anderen Feld. Im Schnitt habe ich etwa vier Tage die Woche gelernt, was sich in den letzten drei Monaten mitunter auf sechs erhöhte. In diesem Sinne war das Repetitorium für mich eine Lektion, was Einschätzung und Einteilung meiner Kräfte angeht.

Ich war erschöpft, am Boden zerstört, verzweifelt, erkältet, aber ebenso auch glücklich, voller Tatendrang, kreativ; schließlich hört das Leben ja nicht einfach auf, bloß weil ein Examen ins Haus steht.

Etwa ein halbes Jahr vor meinen Schriftlichen habe ich angefangen, Aikido zu lernen (es gab ein gutes Angebot vom Unisportkurs). Das hat mir extrem gut getan; der Sport im Allgemeinen, aber insbesondere diese Kampfkunst, die auf Ruhe, Konzentration und Entspannung setzt. Nach meinen schriftlichen kam dann noch Kung-Fu hinzu, was mit einer eher auspowernden Kompenente eine gute Ergänzung war und mir regelmäßig den Kopf freipustete.

Menschen, die mit Prüfungsangst zu kämpfen haben, kann ich Autogenes Training (auch dazu finden sich mitunter sehr erschwingliche Unisportangebote) ans Herz legen.

Meine Entscheidungen bezüglich der Vorbereitung war für mich genau richtig. Obwohl ich alleine gelernt habe, war ich nie einsam. Wunderbare Menschen zu treffen, Urlaub zu machen, Sport zu treiben, ins Theater zu gehen, schlichtweg auch immer zu leben kann zwar die Anstrengung dieser Zeit nicht wettmachen, lässt mich aber auch immer mit einem glücklichen Auge auf diese blicken.

Sowohl unmittelbar nach den Schriftlichen als auch der Mündlichen solltest Du verreisen, nicht nur pausieren, sondern nach Möglichkeit die Stadt und all das Lernen hinter Dir lassen. Viel Luft holen. Außerdem solltest Du Dich, sofern Du nicht direkt einen sicheren Job in Aussicht hast, an irgendeiner Uni (für ein anderes Fach als Jura) einschreiben, um für die kommenden Monate günstig versichert zu bleiben.

Mein Tipp ist: Nimm Dir die Zeit und mach Dir die Mühe, Dich über die verschiedene Wege der Vorbereitung zu informieren und Dir anhand dessen zu überlegen, was für Dich passend scheint. Sei ehrlich und fair mit Dir selbst und vertrau Dir.